Freitag, 9. Juli 2010

Delhi (01.07. bis 04.07.)

Das Hotel welches wir gebucht haben bietet einen gratis Abholservice vom Flughafen an. Der Fahrer ist vorbestellt - am Airport in Delhi warten wir natürlich trotzdem vergebens. Angerufen, nachgefragt: Man hat uns vergessen. Der Fahrer führe sofort los, sagt man uns.

Eine halbe Stunde später nochmal nachgehakt: Der Fahrer wäre in 10 Minuten da.

Nach einer halben Stunde: Nur noch zwei Minuten.

10 Minuten später: Er ist da. Er hat Probleme mit seiner Freundin oder so etwas. Er hat die Freisprecheinrichtung sehr laut eingestellt, irgendeine Frauenstimme schreit ihn die ganze Zeit an. Wir halten uns die Ohren zu, so macht Taxi fahren Spaß.

Das Hotel ist gut. Uniformierte Träger bringen unser Gepäck ins Zimmer, ein weiterer uniformierter Mensch schaltet uns das Licht und die Klimaanlage an. Das Zimmer ist sauber und sieht aus wie in einem sehr edlen Hotel. Auf den ersten Blick.
Auf den zweiten Blick fehlen Fußbodenleisten und die Garnituren in der Dusche fallen ab, wenn man zu weit dreht. Aber dafür kostet das Hotel auch nur 10€ für ein Doppelzimmer pro Nacht.

Am nächsten Morgen an der Rezeption nach dem Weg zur Metro gefragt. Die Metro wäre nicht gut für Ausländer, sagt man uns. Zu gefährlich, zu teuer und außerdem käme man damit nicht zu den Touristenzielen. Man will uns ein Taxi bestellen. Merke: Vertraue niemandem. Und erst recht nicht deiner Hotelrezeption.
Wir laufen frei nach GPS zur Metro-Station. Denn wir wissen (Wikipedia sei Dank), dass die Metro in Delhi das einzige vernünftige Verkehrsmittel in der Stadt ist.

Sie ist moderner als jede deutsche Metro (Züge kommen auch aus Deutschland, Baujahr nach 2000...), ist klimatisiert (auch die Stationen), in die Stationen kommt man bereits nur mit Fahrkarte, also keine fliegenden Händler darin, die Durchsagen auf Englisch, die Linienpläne gratis zum Mitnehmen und übersichtlich, alles perfekt. Trotzdem weiß außer uns kaum ein anderer Tourist den wir fragen von der Metro, denn auch alle anderen Hotels erzählen Lügengeschichten. Angeblich streikt die Metro, fährt nicht bei Regen, hat ständig Stromausfälle, ist Drogenumschlagplatz Nummer eins oder was auch immer. Taxifahrer zahlen anscheinend viel Provision an die Hotels. Und entfernen die Metro-Wegweiser an den Touristenzielen, denn der Weg zur nächsten Station ist niemals ausgeschildert. Zum aus-der-Haut fahren. Wir haben zum Glück das GPS-Gerät dabei.

Deshalb fahren wir in Delhi fast nur Metro. Entschuldigt die vielen Bilder, aber das ist so unerwartet, so etwas in Indien zu sehen...

Huiiiiiiiiiiiii :-)

In der Stadt schließt sich uns eine Deutsche an, die bei uns Schutz vor den vielen Händlern sucht. Sie ist gerade erst gelandet. Es stellt sich heraus, dass sie aus Viernheim kommt und natürlich auch unsere Schule und fast jeden Fleck in Weinheim kennt...
Mit ihr verbringen wir den ganzen Tag sehenswütend in Delhi.

Straße in Delhi, old buildings and stuff im Hintergrund.

So ne Moschee in Delhi, anscheinend berühmt. Wir gehen mal rein und besteigen gegen Eintrittsgeld einen von den Türmen...

Blick in die eine Richtung...

Blick in die andere Richtung.

Hier gibts Essen. In der Parantha Wali Gali, dem Ort schlechthin für Parathas, essen wir verdammt lecker und für weniger als 1€ pro Person bis zum Abwinken. Super klasse. Der Tipp kam von Ankit, den Weg zeigt uns das GPS. Die Gasse dorthin ist kaum als Gasse zu erkennen und sieht eher wie ein Hauseingang aus. Wir laufen durch mehrere Läden und sogar durch eine Küche hindurch, bis wir plötzlich in dem versteckten Gässchen mit den Paratha-Läden landen. Wir eintscheiden uns für den mit den meisten Kunden und werden nicht enttäuscht. Hammer.

Abends noch das rote Fort. Tagsüber kostet der Eintritt 250 Rupien (für Ausländer, Inder zahlen Rs 10), abends bekommt man aber für 60 Rupien Eintritt nicht nur das ganze Fort zu sehen, sondern auch noch eine Lichtshow. Das machen wir natürlich. So klingt der Abend aus, Metro nach Hause.

Am 03.07. schließlich steht Agra und das Taj Mahal auf dem Plan. Morgens Zug nach Agra, es gibt Essen an Bord. Das Taj Mahal kennt man ja von Bildern, viel mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Gebäude halt.

Wir sind nicht die einzigen Touristen...

Die Fahrt dorthin war allerdings spannend. Am Bahnhof wird man von einer Horde von Taxifahrern überrannt, man versteht sein eigenes Wort nicht mehr. Ein Polizei verjagt mit seinem Stock die Menschentraube wie einen Schwarm Fliegen, der danach sofort wieder um uns herum steht. Wir können einen Rikschafahrer von seinem Startpreis von 1500 Rupien auf 30 Rupien herunterhandeln. Persönlicher Rekord.

Der Garten ist schön gepflegt und groß. Die Kekse dürfen wir nicht mit reinnehmen, unser Plan, hier den ganzen Tag zu verbringen, scheitert an unserem knurrenden Magen.

Noch mehr Gebäude auf dem Gelände des Taj Mahal. Ein bisschen geregnet hat es...

Da alle gedruckten Reiseführer sehr deutlich darin waren, in Agra kein Restaurant empfehlen zu wollen, Genießen wir den Nachmittag klimatisiert und ohne Durchfallgefahr bei Mc Donalds. Der Weg dorthin (wir wollten zu Fuß gehen) war interessanter als der Besuch im Taj. Denn:

Er führt durch ein Armenviertel. Das sieht man auf dem GPS natürlich nicht. Ich habe nicht fotografiert, das wäre respektlos gewesen. Wir sehen aus nächster Nähe: Kinder, die direkt in den Straßengraben ihre Notdurft verrichten. Kinder, die sich über unsere Anwesenheit freuen und uns nett begrüßen und um uns herumtollen. Fröhliche Menschen, ein Friseur, der uns gerne frisieren will, sogar gratis. Wir durchqueren einen Markt, auf dem man alles mögliche zu Essen kaufen kann, viele Inder begutachten Waren und feilschen. Der Markt ist mit Tüchern überdacht, die uns etwa auf Brusthöhe hängen. Wir laufen gebückt.
Viele Leute fragen uns, wohin wir gehen. Zur großen Straße, sagen wir. Irgendwie wäre es komisch, zu sagen, dass wir zu Mc Donalds wollen. Ein Burger kostet immerhin fast ein Wochengehalt eines armen Menschen in Indien...

Das Navi in meiner Hand (Gerne würde ich es wegstecken, das Teil sieht so unverschämt teuer aus, aber ohne Kompass geht in den verschlungenen Gässchen gar nichts) leitet uns zur großen Straße, raus hier. Vielleicht.

Normalerweise freue ich mich, dass Schnellstraßen überall auf der Welt solche Gebiete meistens auf Brücken überqueren und man in seinem Auto sicher und wohlbehalten über die Armut hinwegfliegt. Zum ersten Mal stehe ich unten, und frage mich, wie man wohl auf diese schöne Straße hochkommen kann...

Zum Glück gibt es eine Treppe. Hoch, nächste Rikscha genommen, raus. Keiner da unten war auch nur entfernt unfreundlich oder bedrohlich, aber irgendwie kommt man von einem anderen Stern.

Schnell zurück in die Oase des Reichtums, wo keine armen Menschen unser Gewissen beunruhigen oder an unserem Weltbild rütteln. Bei McD fürstlich gespeist. Zwischendrin fällt der Strom aus, das hatte ich auch noch nicht. Nachdem der Strom wieder da ist gehen übrigens zuerst die gelben M's blinkend wieder an, dann surrt die Klimaanlage los, dann kommt das Licht. Es gibt den Mc Maharatscha und den Paneer Salsa Wrap. Danach gibt es eine Rikscha zum Bahnhof.

Eisenbahnromantik.

Zurück nach Delhi.

Am 04.07. nochmal Parathas essen, ein bisschen in der Stadt rumgammeln und auf den Flug warten. Seltsamer Vorfall mit einer Fahrradrikscha: Wir machen einen Preis aus (10 Rupien, die Strecke ist wirklich kurz und am Zielort warten viele Touristen), am Ankunftsort will der Fahrer auf einmal 50 Rupien haben. Wir weigern uns und bestehen darauf, nur 10 Rupien zu geben. Der Fahrer allerdings möchte 10 Rupien noch nicht einmal annehmen, wir gehen also nach langer Diskussion ohne zu Zahlen, niemand versucht, uns zurückzuhalten.
Mögliche Erklärung: Entweder der Fahrer wollte uns verarschen. Die Stadt ist so feindlich gegenüber Touristen, jeder mogelt und schummelt wo er kann, auch Ankit hat uns schon davor gewarnt. Natürlich haben wir Geld und die Rikschafahrer sind generell eher arm, also kann man auch etwas mehr zahlen. Aber ausgerechnet denen, die am dreistesten betrügen, will ich nichts geben.
Andere Erklärungsmöglichkeit: Der arme Kerl konnte kein Englisch und die Preisverhandlung ist unverstanden an ihm vorbeigegangen, vielleicht hat er einfach nur genickt. In diesem Fall hätten wir ihn quasi betrogen, ausgerechnet den Ärmsten unter allen Fahrern, der noch nicht einmal mit den Touristen reden kann. Wegen einer Diskussion um einen Betrag, der umgerechnet noch nicht einmal einem Euro entspricht.
Allein die Möglichkeit, dass Variante B wahr sein könnte, fühlt sich doof an. Vielleicht wurden zum ersten Mal in Indien nicht wir als dumme Touristen abgezockt, sondern wir haben einen Inder um sein sauer verdientes Geld gebracht. Haben uns all die anderen Leute, die uns heute schon uns über den Tisch ziehen wollen, vielleicht zum Überreagieren gebracht?

Der Rikschafahrer zum Flughafen bekommt ein Trinkgeld. Schlechtes Gewissen.

Unser Flug nach Mumbai hat Verspätung. Wir fliegen fast als letzte Maschine raus, nach vielen Stunden Wartezeit. Ein Teil des Flughafens wird schon dunkel, die Läden sind zu. Gespenstisch. Der Bus über das Rollfeld hin zum Flieger bleibt liegen und springt nicht mehr an, wir laufen zum Flieger. Zurück nach Mumbai. Wir nehmen ein Pre-Paid-Taxi, keine Lust, mit Rikschafahrern zu verhandeln. Der Fahrer kennt den Weg nicht, GPS hilft mal wieder. Schlafen und aus.

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