Es geht ereignisreich los. Gestern morgen um 06:00 sind wir mit der Rikscha in Richtung Bahnhof losgedüst. Wir haben uns diesmal für die Haltestelle Bandup entschieden - laut Fahrplan halten hier auch die schnellen langsamen Züge - eine richtige Bezeichnung haben die nicht, sie halten nicht überall, sind aber keine Schnellzüge. Sowas wie ein Regionalexpress. Die nennen das alle Fast Train, aber wenn wir nach einem Fast Train fragen wollen die uns Fernzüge verkaufen. Was auch immer.
Der Plan ist also, den "Regionalexpress" nach Neral zu nehmen. Der fährt einmal pro Stunde. Natürlich lügt der Fahrplan, die schnellen Züge halten in Bandup erst ab 08:00 Uhr, unser Zug fährt also einfach durch. Zum Glück bekommen wir noch einen langsamen Zug, der zwar nicht nach Neral fährt, aber unseren schnellen Zug (trotz Zwischenhalten) in Thane schließlich einholt (?!) und uns so mit etwas Rennen noch das Umsteigen ermöglicht.
Im schnellen Zug bekommen wir noch einen super Platz im Gepäckwagen. Ein freundlicher Bauer möchte uns nicht stehen sehen und bietet uns einen Platz auf seiner Milchkanne an. Indien ist super.
Was nicht so super ist ist die Aussicht aus dem Zug. Wir fahren durch einige wirklich arme Gegenden, es brennen ein paar Müllberge. Am frühen Morgen verrichten einige Slumbewohner auf dem Müllhaufen neben dem Bahndamm ihr großes Geschäft, andere putzen ihre Zähne (weiß Gott mit welchem Wasser), stinkende braune Flüsse mit reichlich Abfall säumen die Trasse. Ich bin sehr froh, dass ich ich bin.
In Neral angekommen (hier unser "Regionalexpress"-Dingsda, wollen wir den Zug nach Matheran nehmen.
Die Strecke nach Matheran ist eine kleine Schmalspurstrecke den Berg hoch, mit einer niedlichen kleinen Diesellok, sehr malerisch. Den Zug konnte man nicht über das Internet buchen, also stellen wir uns vor Ort am Schalter an. Nachdem wir etwa eine Stunde stehen (und wir immer noch nicht dran sind) sind die Tickets für die nächsten zwei Züge schließlich ausverkauft. Der nächste freie Platz wäre im Zug, der in zwei Stunden abfährt, hinzu kommen dann nochmal 2 Stunden Fahrtzeit - insgesamt also 4 Stunden für eine Strecke von 8km, die man laut Reiseführer auch super laufen kann. Also laufen wir. Ein paar Eindrücke für euch:
Der Markt von Neral. Touristen verirren sich hierhin wohl nicht so oft, die steigen noch am Bahnhof in einen Zug oder ein Taxi nach Matheran. Dementsprechend müssen wir keine Verkäufer abwimmeln, man zeigt uns freundlich den Weg nach oben.
Der Weg schlängelt sich erst gemütlich durch Neral.
Zwei Jungs auf diesem Transporter vorne im Bild nehmen uns bis zum Ende von Neral mit. Arne fährt vorne auf dem Beifahrersitz, ich stehe auf der Ladefläche mit einem von den beiden. Sie liefern Kühlschränke aus und fahren hier links weiter, wir nehmen die Abzweigung nach rechts.
Ein paar Häuschen und ein Trecker. Wir gehen aber weiter hoch und nehmen nicht diesen Weg...
...sondern diesen. Es geht relativ erbarmungslos den Berg hoch, viel Schatten ist nicht da. Die Sonnencreme liegt sicher verstaut in meinem Schrank in Mumbai.
Der rötliche Blätterhaufen rechts im Bild ist sowas wie ein Schrankenwärterhaus. Der nette Bedienstete der indischen Staatsbahn sitzt darin und hält den Verkehr an, wenn der Zug nach Matheran kommt.
Einige Autos bleiben stehen und bieten an, uns mitzunehmen. Aber wir wollen laufen, wenigstens etwas Bewegung hier in Indien.
Fast oben. Es sind etwa 700 Höhenmeter, wir kommen aus der Ebene da unten.
Oben angekommen, zahlen wir den Eintritt von 25 Rupien (sozusagen Kurtaxe für Matheran) und machen uns dann auf die Suche nach unserem Hotel. Unterwegs müssen wir ständig Leute abschütteln, die uns eine Fahrt im Karren oder einen Ritt auf ihrem Pferd verkaufen wollen. Motorisierter Verkehr ist in Matheran verboten, so sauber wie auf Juist ist die Luft dadurch aber nicht, denn es ist ziemlich staubig und die vielen Pferde wirbeln alles auf.
Die Karrenfahrt (unscharf, sorry) haben wir uns gespart. Drei Leute, um meinen faulen Hintern vorwärts zu schieben? Ein Stückchen zu imperialistisch für unseren Geschmack. Und wir sind schon so weit zu Fuß gekommen...
Der Eingang zu unserem Hotel. Der Hund vor dem Schild, wie wir später erfahren, heißt Tiger.
Die Besitzerin unseres Hotels (kleine Lodge am hinteren, ruhigen Ende der Stadt) erzählt uns viel von der Korruption in der Stadt, ihren Problemen mit dem Denkmalamt (sie findet ihr Hotel schöner in kunterbunt, das Denkmalamt nicht so...) und überhaupt. Schließlich bekommen wir unser Zimmer. Sehr geräumig, und es gibt sogar ein Doppelbett. Auf unnötigen Schnickschnack hat man bewusst verzichtet, deshalb gibt es auch keine Klimaanlage, keine Dusche und Wasser und Strom nur abends und morgens. Wenigstens wars nicht teuer, und sauber ist es auch.
Trinkwasser gibt es normalerweise auch im Hotel, aber die Wasserspeicher sind fast leer und der Filter bekommt den modrigen Rest wohl auch nicht mehr sauber. Die Besitzerin rät uns dazu, lieber irgendwo Wasser in Flaschen zu kaufen, wir würden uns für das bisschen Geld eine größere Arztrechnung sparen. Guter Tipp, machen wir.
Zeug abgeladen, Arnes Kamera geschnappt, und los zu einer Erkundungsrunde.
Arne macht Fotos...
...und das zu Recht. Auf Arnes Blog gibt es das alles auch nochmal in HD, wenn ihr mehr sehen wollt.
Unten im Tal gibt's sogar einen See.
Keine seltene Hautkrankheit und auch keine Durchblutungsstörung: Die seltsame Farbe ist der Straßendreck. Und das sind meine schönen neuen Sandalen, die ich mir für stolze 4€ gekauft habe.
Inder sind nicht sehr lauffreudig. Nicht nur waren wir die einzigen, die nach Matheran hochgelaufen sind: Alle Aussichtspunkte, die mehr als 500m von den Hauptstraßen entfernt sind, sind wie ausgestorben. Wir laufen 2 Stunden und sehen niemanden - außer einem Verkäufer, der uns mitten im Wald noch ein paar kalte Getränke verkauft.
Wir nutzen den restlichen Nachmittag voll aus.
Bis zum Sonnenuntergang sind wir unterwegs - Zu Abend essen wir in einem Restaurant wenige Meter von unserem Hotel entfernt. Sauber, aber das Essen ist fettig (wie fast alles hier) und trotzdem unglaublich fad (sehr ungewöhnlich hier). Am nächsten Tag finden wir zum Glück etwas viel Besseres.
Das Nachbarhotel wirbt damit, dass man morgens vom Singen der Vögel geweckt wird. Glaube ich nicht. Wir sind auf jeden Fall von den streitenden Affen auf unserem Dach wach geworden. Auch mal was Neues.
Der Markt von Matheran.
Auf dem Weg zu einem weiteren Aussichtspunkt.
Gar nicht so leicht, im Schatten zu bleiben. Die Haut ist schon so rot...
Aber die Aussicht ist es wert.
Unter uns ist die Bahnstrecke zu sehen. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Fahrt, die uns gleich bevorsteht.
Mittagessen in einem Restaurant am Markt. Wenn man sich vom Aussehen der Fassade loslöst und einfach nur danach urteilt, wo die meisten Inder sitzen, fährt man tatsächlich besser. Diesmal sieht das Restaurant von außen etwas ranzig aus, serviert aber zackig und sehr freundlich sehr leckeres Essen. Und ist auch noch billiger als der Laden von gestern. Wir haben uns extra ein Restaurant ausgesucht, welches auch Fleischgerichte serviert, gar nicht so einfach hier. Was den allgemeinen Respekt vor Tieren angeht, muss ich aber etwas revidieren. So viele Kinder, die nach Ziegen oder Affen einfach aus Spaß mit Steinen werfen, sieht man bei uns nicht. Mal wieder gibt es in Indien alle Extreme...
Für den Rückweg am zweiten Tag haben wir zum Glück noch am ersten Tag Tickets gekauft, für die erste Klasse gab es sogar noch welche. Die Fahrt zurück ist spektakulär, ich habe viel geschaut und nur wenig fotografiert.
Das Prinzip wird glaube ich trotzdem klar...
Auf das beste Foto wollte mein linker Zeigefinger unbedingt auch mit drauf. Schade. Ich verweise hier nochmal auf Arnes Blog, die Kanone schlägt sich hier sowieso besser.
Hier warten wir auf den Gegenzug. Der rumpelt da hinten den Berg hoch...
Und da ist er. Es geht weiter nach unten.
Rückfahrt ab Neral ohne größere Ereignisse. Zurück im Hostel endlich kalt geduscht und die Sandalen sauber gemacht. Dachte ich zumindest. Leider haben die sich wie ein Schwamm mit dem Staub-Pferdemist-Gemisch aus Matheran vollgesogen, ich habe es erst in meinem Zimmer gemerkt. Ich also wieder schnurstracks zurück unter die Dusche, und Arne drum gebeten, hinter mir her zu wischen, bevor der Mist in meinem Zimmer festtrocknet. Macht Arne auch sofort, und wischt in einem Rutsch meine komplette Spur über den Gang bis ins Badezimmer sauber. Mit meinem Lappen. Mit !!meinem Lappen!! wischt Arne in !!Etagenbad/Klo!! den Boden sauber. Also habe ich mir heut Abend auch noch einen neuen Lappen gekauft, den Alten will ich nicht mehr anfassen.
Den Abend haben wir mit einem Milchshake ausklingen lassen. Schlafenszeit.