Dienstag, 30. November 2010

Kerala

Mehadi und ich sind gerade von unserer Tour nach Kerala zurückgekommen. War gut. Jetzt stehen nur noch Reisevorbereitungen an, mein Zimmer ist fast leer, der Rucksack gepackt. Nur der Computer, an dem ich gerade sitze, und mein Waschzeug sind noch nicht drin.

Zur Tour:

Der Flug war relativ ereignisreich. Nach 2 Stunden Verspätung beginnt das Boarding, alle steigen in den Bus. Der fährt bis zum hintervorletzten Eckchen des Flughafens, wo eine Maschine neben dem Hangar steht und irgendwie aussieht, als würde sie gerade gewartet. Da bleibt der Bus dann mit laufendem Motor stehen, Leute mit Uniformen laufen hektisch durch die Gegend - ein Mann steigt ein und sagt, der Flieger wäre noch nicht bereit, es würde noch etwas dauern. Nach einer halben Stunde Warten im Bus setzen wir dann zurück, wenden und fahren irgendwoanders hin, wo wir dann nochmal eine halbe Stunde rumstehen.

Irgendwann macht der Bus die Türen auf, die Leute verteilen sich auf dem Rollfeld. Keine Informationen. Wir gehen auch kurz raus, um festzustellen, dass es draußen viel zu warm ist und stinkt. Also wieder zurück in den klimatisierten Bus, warten. Auf der Rückbank sitzt eine Gruppe junger Frauen, die laut singen, ein Lied nach dem Anderen. Ein paar Leute drehen sich genervt weg und tuen so, als würde sie es nicht hören. Die meisten summen mit oder klatschen im Takt. Nette Stimmung, eine Stewardess verteilt derweil Trinkwasserflaschen.

Bis wir dann irgendwann zu einem anderen Flugzeug gefahren werden, nachdem der Bus alle herumstreunenden Leute eingesammelt hat. Mit 4 Stunden Verspätung fliegen wir dann ganz normal nach Kochi.

Die Touristeninformation im Flughafen von Kochi ist eine Überraschung: Anscheinend hat hier die Korruption nicht so sehr zugeschlagen, die Leute empfehlen uns tatsächlich den Bus und sagen uns, wo wir ihn finden. Der Bus fährt pünktlich, wir haben Sitzplätze. Wir fahren nach Alleppey und übernachten in einem kleinen Gasthaus, schön sauber, kalte Dusche vorhanden. 500 Rupien.

Alleppey


Durch Alleppey führt ein Kanal, von hier aus kann man sich Boote mieten. Genau das machen wir.

Vorbei an der Tankstelle...

...und der Müllabfuhr...

...in die Backwaters. Hier schwimmen schöne Hausboote durch die Gegend. Hätten wir uns auch mieten können, aber die Teile kosten richtig Geld. Also bleiben wir bescheiden:

Und lassen uns in diesem Boot durch die Gegend paddeln. Der Fahrer ist nett und spricht ein paar Brocken Englisch. Er fährt uns durch kleine Kanäle, durch die die Hausboote nicht kommen.

Grün. Viel Grüner als meine Kamera grünen kann.

Unterwegs eine Kokosnuss-Rast.

Schwuppdiwupp, ein Tag vorbei. Abendessen in einem kleinen Restaurant mit vielen Einheimischen. Das Essen ist lecker und kostet nicht mal 90 Rupien pro Nase.

Kleinigkeit am Rande: Es ist tatsächlich so, dass viele Inder niemals zugeben würden, keine Ahnung von irgendetwas zu haben. Im Restaurant fällt mehrmals der Strom aus, wir sitzen im Dunkeln. Mehadi fragt, ob unser Essen denn trotzdem kommt (kann ja sein, dass mit Strom gekocht wird). Doch doch, heißt es, 10 Minuten, dann sei es fertig.

Bis der Mann am Nachbartisch uns anspricht und uns sagt, der Mann, den wir gerade gefragt hätten, sei sein Chauffeur, und nicht etwa ein Kellner. Wir sollten doch besser einen Bediensteten des Restaurants fragen.
Müssen wir aber gar nicht, in dem Moment kommt schon unser Essen.

Varkala

Von Alleppey aus wollen wir mit dem Bus nach Varkala fahren. Die Fahrt dauert angeblich 3 Stunden.

Der Fahrer ist wahrlich kein Kind der Traurigkeit, und fährt gerne schnell. Man ist auf dem Bildschirm aus Filmen allerhand gewöhnt, aber ganz im Ernst: wenn man selber in diesem Bus sitzt, kein Sicherheitsgurt, vor einem nur Metallstangen, und der Busfahrer denkt überhaupt nicht daran, mit dem Überholen aufzuhören, wenn Gegenverkehr kommt - toll ist das nicht.

Zwischendurch fängt es noch an, zu Regnen. Tata scheint nicht immer gut darin zu sein, Busse zu bauen. Undichte Scheiben sind ja ganz normal, aber mir fällt zum ersten Mal auf: Der Scheibenwischer ist so kurz, dass er überhaupt nicht den Bereich freiwischt, den der Fahrer zum Sehen braucht. Wir fliegen fast blind.

Noch eine Beobachtung aus dem Bus. Ich habe oft geschrieben, die Leute seien freundlich gegenüber Ausländern. Ich muss das korrigieren: Sie sind freundlich gegenüber weißen Ausländern. Der Bus ist stopfend voll, wir können am Anfang nichtmal richtig stehen. Es gibt nicht genug Platz auf dem Boden für beide Füße, ich stehe auf den Schuhen von jemand Anderem und habe meinen rechten Fuß halb auf meiner linken Sandale stehen. Es ist wirklich voll. Natürlich steht relativ bald jemand für mich auf, sogar in der ersten Reihe, ich habe einen Sitzplatz und einen prima Ausblick. Das war bisher in Bussen eigentlich immer so, Arne und ich können meistens sitzen.

Mehadi allerdings bleibt noch zwei Stunden lang stehen, für ihn macht niemand Platz. Ich sehe das leider nicht, er ist beim Einsteigen von der Menge zwei Meter nach hinten gedrängt worden, zwischen uns sind also schätzungsweise 20 Menschen. In Kollam rufe ich ihn an, ob wir nicht aussteigen, übernachten und am nächsten Morgen mit dem Zug weiterfahren wollen. Ich würde gerne weiterleben, der Fahrstil wäre fürchterlich.
Mehadi ist nicht abgeneigt. Raus aus dem Bus (gar nicht so einfach), Hotel suchen.

Wir machen ein echtes Schnäppchen. Ein Geschäftsmann hat sich wohl vertan und ein viel zu gutes und teures Hotel in Kollam gebaut, obwohl es in so einer Kleinstadt kaum Bedarf für so etwas gibt. Es scheint außer uns komplett leer zu sein. Der Startpreis war zu hoch, aber als wir Anstalten machen, zu gehen, fällt der Preis und wir bekommen schließlich eine sehr komfortable Suite für umgerechnet 9€ pro Person. Nett.

Varkala

Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang schnappen wir uns den Zug nach Varkala. Der braucht für das letzte Stück nur 40 Minuten, der Bus hätte wohl nochmal 3 Stunden gebraucht.

Der Fußweg vom Bahnhof zum Strand führt auch am Bushof von Varkala vorbei. Normale Leute nehmen eine Rikscha. Wir laufen lieber. Zwei Geeks auf Reisen: Wir beide haben GPS in unseren Handys und navigieren fröhlich in Richtung Strand, suchen im Internet nach guten Hotels - und nehmen hinterher dann doch irgendeines, das wir unterwegs sehen und schön finden.

Ende November: 33°C, die Sonne ballert, ich habe die 30er Sonnencreme aufgetragen. Kleiner Spaziergang durch den Ort und am Strand, wir haben den ganzen Tag nichts anderes vor.

Manche Polizisten haben es schöner als andere Polizisten.

Und wir gehen baden.

Uns sprechen wieder dauernd Leute an und stellen uns nervige Fragen. Wir beide kommen aus Utopia. Das sei eine kleine Insel zwischen der Türkei und Amerika. In Utopia sind wir beide Professoren für Paläontomorphologie. Und wir sind dienstlich in Indien. Die Leute nicken verständnisvoll, ah ja, Utopia, da kämen viele Leute her. Paläontomorphologie, oh ja, das sei bestimmt sehr schwer. Das können wir bestätigen, aber die Bezahlung ist sehr gut.
Meistens reicht das dann schon und die Leute ziehen zufrieden weiter.

Zurück

Der Rückweg ist unspektakulär. Direkter Zug nach Kochi, auf den Bus hatten wir keine Lust mehr. Kleinigkeit von der Zugfahrt:
Hierarchien sind hier wohl sehr sehr wichtig. Im Zug gibt es also den Ticket Collector, zu dem die Fahrgäste ungefähr auf Augenhöhe sprechen, der Mann hat etwas zu sagen. Dann gibt es noch die niederen Bediensteten, die z.B. den Boden wischen oder das Essen bringen. Denen schaut man nicht ins Gesicht und man redet auch nicht ihnen, sie sind wie Geister.
Ich sitze im Zug vor dem Schließfach, in dem einer der einfachen Angestellten seine Sachen aufbewahrt. Als er Anstalten macht, an sein Fach zu gehen, stehe ich natürlich auf, um ihm Platz zu machen. Woraufhin ein anderer Fahrgast wütend herbeieilt und den Bediensteten schreiend zur Sau macht, wieso er mich zum Aufstehen zwingen würde. Mir lächelt der Schreihals dabei freundlich zu, als würde er mir damit einen Gefallen tun. Sehr seltsam.

Übernachtung in Kochi (keine Zeit für Sightseeing), Flug nach Mumbai.

Der Flughafen von Kochi ist sehr friedlich und klein.

Vom Gate läuft man direkt zum Flieger.


Und bei Jet Airways läuft das Bespaßungssystem mit Linux. Und startet gelegentlich neu.

In Mumbai steht jetzt meine letzte Nacht im Hostel bevor. Vor meinem Fenster trommelt und pfeift es mal wieder wie wild, irgendwo in der Nachbarschaft wird Musik gemacht.

Morgen gibt es voraussichtlich noch einen letzten Eintrag im Blog, danach gehts zurück nach Deutschland. Ich habe gehört, es schneit...
Und ich hab Sonnenbrand.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen